Gott erfüllte, Gott füllte sein Leben

Gott erfüllte, Gott füllte sein Leben

Omelia in lingua tedesca del Cardinale Jean-Claude Hollerich , tenutasi nella solenne beatificazionei di Giovanni Filippo Jeningen, a Ellwangen (Germania), sabato 16 luglio 2022

 

 

Liebe Schwestern,

Liebe Brüder,

Glauben Sie an Gott? Diese Frage mag Ihnen unverständlich sein. Sicher haben Sie sich die Mühe gemacht, bei dieser Seligsprechung dabei zu sein. Sicher gehören viele von Ihnen zu dem harten Kern Ihrer Pfarreien.

Aber ich wiederhole meine Frage: Glauben Sie an Gott? Ich meine nicht, ich glaube an die Existenz eines höheren Wesens. Wahrscheinlich haben Sie im Laufe Ihres Lebens eine Gotteserfahrung gemacht. Aber für den Seligen Pater Philipp war Gottesglaube etwas viel Schöneres, viel Tieferes. Gott war die Freude des Lebens von Pater Philipp. Sein Gottesglaube zeichnete sich durch eine tiefe Gottesverbindung im Alltag aus. Gott erfüllte, Gott füllte sein Leben.

Er schaffte es, Gott in allen Dingen seines Lebens, in seinem Alltag zu finden. Ihm war die Mission Indien versagt, es war die Gegend um Ellwangen, es war in dem anstrengenden Leben eines Volksmissionars, wo er Gott fand. Nicht die geografische Weite, sondern die Tiefe des Herzens war der Ort der Begegnung mit Gott.

Pater Philipp stand in der Nachfolge Christi. Er hatte eine tiefe persönliche Freundschaft mit Christus durch die Meditation des Lebens Jesu, wie es in den Exerzitien des Heiligen Ignatius und in der Lektüre der Evangelien aufscheint. Er fühlte sich Christus in seiner Sendung zugestellt.

Es gibt eine Passage der Exerzitien, wo die Heilige Dreifaltigkeit sich die Welt anschaut, die Welt von heute, gestern und morgen. Die Heilige Dreifaltigkeit sieht alle Menschen in der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft. Gott liebt diese Menschen,sie sind von Ihm erschaffen, von Ihm ins Leben gerufen worden. Und die Heilige Dreifaltigkeit sieht, wie diese Menschen, verloren gehen, weil sie in Sünde leben. Gott entscheidet sich nicht dafür, eine neue perfektere Schöpfung zu machen. Er beschließt, die Welt zu retten und so wird die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit Mensch. Das ist der Ausgangspunkt, von dem der Exerziant das Leben Jesu meditiert. Das ist der Rahmen für das seelsorgerische Wirken von Pater Philipp.

Seine Christusnachfolge macht ihn zum Gefährten Jesu im Heilswerk Gottes. Das Kreuz ist nicht nur Marter-und Todesinstrument, sondern es ist ein Hort des Heils. Für Pater Philipp aber war dies nicht nur theologisches Wissen, er schulterte sein Kreuz im Alltag der Nachfolge Christi. Das reelle Kreuz des Alltags hat eine Schwere und bereitet Schmerzen, aber Pater Philip fand darin sein Glück, er fand darin den Sinn seines Lebens.

Der Blick der Dreifaltigkeit auf alle Menschen, der Blick vom gekreuzigten Herrn auf die Menschen hat Pater Philipp beeindruckt. Er konnte darin die Liebe Gottes zu jedem, absolut jedem Menschen finden. Er konnte sich in dem Blick des dreifaltigen Gottes, in dem Blick des gekreuzigten Jesus hineinversetzen.

Er erkannte die Macht der Liebe des Herzen Jesu. Er machte sich den Blick Gottes zu eigen und konnte so den Menschen, denen er begegnete, auch seine Liebe schenken. Er war dadurch offen für alle Menschen, die er traf, er war offen für Ihre seelischen und körperlichen Bedürfnisse. Er war ein Mann der liebenden Begegnung. Diese Wesensart seiner Frömmigkeit wurde von den Leuten erkannt, und so nannten sie Ihn den guten Pater Philipp.

Aber… was können wir vom Seligen Pater Philipp lernen?

Zuerst ist hier sein absoluter Glaube an Gott zu nennen. Wir leben in einer Welt, wo Gott keine große Rolle mehr zu spielen scheint. In Deutschland ist nur noch die Hälfte der Bevölkerung Christen. Diese Säkularisierung ist aber nicht nur in Zahlen greifbar, diese Säkularisierung ist in unsere Herzen und in unseren Lebensstil eingeflossen. Wir müssen dazu Gott der sonntäglichen Frömmigkeit einen Platz in unserem Alltag geben. Er wird dann die Enge unsers Lebens zerbrechen und uns in die Weite führen. Dann wird Gott unser Leben verändern, wir können wieder frohe Christen werden.

Wir können aber auch dem Kreuz einen Platz in unserem Leben geben. Wir tragen schwer an unseren Kreuzen, dem Kreuz der Krankheit und des Todes, dem Kreuz von Streit und Krieg, dem Kreuz der Sinnlosigkeit und der Langweile, dem Kreuz von Angst und Hoffnungslosigkeit. Wir können darum beten, in dem Kreuz die Quelle der Liebe und des Heils zu entdecken. Die Liebe bringt das dunkle Kreuz des Todes zum Strahlen im Lichte der Auferstehung.

Und dann die Menschenliebe: Wir sind so schnell im Verwerfen des anderen, in der Ablehnung aller, die nicht unsere persönliche Meinung und unser Lebensgefühl teilen. Das führt manchmal zu Zerreißproben innerhalb der Kirche. Hören wir doch auf mit diesen Kleinkriegen!

Beten wir zu Gott, dass wir uns in seinem Blick der Liebe in alle Menschen hineinversetzen können.

Das ist der Kern der Missionsfähigkeit der Kirche. Ohne die Liebe zu dem konkreten Menschen in unserem Alltag ist unser Christentum nicht authentisch. Diese Liebe muss sich auch in unserem Engagement zeigen. Wenn wir für die Bewahrung der Schöpfung eintreten, wenn wir Flüchtlinge aufnehmen und uns für den Frieden einsetzen, dann werden wir nicht zu einer Sozialorganisation, dann verbinden wir Gottesliebe und Menschenliebe. Es ist diese Verbindung, die der gute Pater Philipp lebte, die uns zu Zeugen des Evangeliums in dieser Welt macht.

Seliger Pater Philipp, Apostel der Gottesliebe und der Menschenliebe, bitte für uns!